Der letzte macht die Glotze aus. Und den eigenen Herd an.

Servus Sarah. Sayonara Steffen. Tschüß Tim.

Eure Zeit ist abgelaufen. Das letzte Aufbäumen in Form von 3-Stündigen Kochmarathons mit Formel-1-artiger Berichterstattung kann nicht darüber hinweg täuschen dass der Trend futsch ist. Und meiner Meinung nach auch keinen Augenblick zu früh.

Daran sind die Sender, allen voran der selbst ernannte "Kochsender" Vox und die Köche selber schuld. Die Köche mit Ihrer ständigen Fernseh-Präsenz, und die Sender dadurch dass sie die dummdreist glauben, den Zuschauer mit jeder noch so geschmacklosen Sättigungsbeilage abspeisen zu können.

So stelle ich mir die Notkonferenz bei Vox vor, kurz nachdem Mälzer seine tägliche Show hingeschmissen hat:

"Wen ham wir noch?"

"Wie?"

"Fernsehkoch technisch. Aber diesmal ein anderer Typ. Nicht so Knacki, mehr Muttis-Liebling, mit 'nem bisschen Body."

"Ich schau mal in die Datei: pfeifender Spießer? Nee. Pedant? Das ist eher was fürs ZDF. Öko-Hexe? Auch nicht. Warte hier ist einer. Typ schön-blöd. Lispelt zwar nicht, zieht aber die Vokale lang. Ganz gute Bizeps hat der auch."

"Toll! Lasst das Studio umbauen und dann los."

"Nee, warte! Der kann nur Fisch."

"Koch ist er aber? Er wird das ja dann wohl hinkriegen, so zu tun als ob das seine Ideen sind. Hat die Hackfresse doch auch geschafft."

Und schon sind fünf Wochen Sendezeit gefüllt.

Fakt ist: die Deutschen kochen weder besser, noch mehr seit Lafer, Lichter, Sass und Co. vor der Kamera brutzeln. Keines dieser Formate hat wirklich dazu geführt dass eine Renaissance durch deutsche Haushaltsküchen gerollt ist, sondern nur dazu dass mehr Deutsche TK-Pizza mümmelnd Köchen zugesehen haben. Kochen in der Glotze gucken macht aus Mutti und Vati nunmal keine Ferran Adrias oder Ekkart Witzigmänner. Diese Erkenntnis ist nicht neu, aber endgültig.

Dass das Fernsehen nicht als Barometer für das Kochklima herhalten kann lässt sich an einem einfachen Vergleich vielleicht verdeutlichen.

In deutschen Betten wurde schon immer gepoppt. Auch lange bevor Sendungen wie "Peep" oder "Wahre Liebe" über den Schirm flackerten. Und ich kann mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit sagen, dass nicht mehr Deutsche latex-tragende, bisexuelle Swinger geworden sind seit die Sendungen uns beglückt haben. Aber so ganz normal poppen tun die Deutschen immer noch.

Mit dem Kochen wird es kaum anders sein.



http://www.spiegel.de/kultur/gesellschaft/0,1518,516182,00.html

http://www.welt.de/wams_print/article1374961/Ein_Kchenbulle_im_Abseits.html

http://www.sw-online.de/wm?catId=12322969&artId=12398206
Herr Paulsen - 21. Nov, 19:44

Sehr schöne Zusammenfassung der vermeintlichen "Krise".

Guten Start! Ich freu mich auf mehr.

loco en la cocina - 21. Nov, 20:57

Mein Dank Ihnen!
fressack - 22. Nov, 22:09

Aha! Ein Bruder im Geiste.
Dank an Herrn Paulsen für den Hinweis. Hier werde ich jetzt auch reinschauen.

fressack - 22. Nov, 22:12

Gerade sehe ich, dass mein Name nicht verlinkt ist.
Also lade ich persönlich ein: http://fressack.wordpress.com
Man sieht sich.

loco en la cocina - 22. Nov, 22:51

Man hat sich schon gesehen.
il-nonno - 27. Nov, 11:22

Als Laie würde mich interessieren: wie betreibt man ein Sterne-Lokal ohne da zu sein? Ich dachte, Sterne seien schwer zu bekommen und noch schwerer zu behalten.

Schon klar, Fernsehen wird aufgezeichnet, aber der Herr Wohlfahrt kann nicht gleichzeitig bei Palazzo und in Baiersbronn sein. Was sagt der Gast in Baiersbronn, wenn er nicht vom "Johann-Sebastian Bach" des Kochens, sondern von dessen Mannschaft bedient wird?

Wenn es Kunst ist, wie geht das ohne den Künstler?

loco en la cocina - 28. Nov, 11:30

Soweit ich weiß hat Rodin auch immer alles von seinen Schülern machen lassen. Die Ideen waren aber seine. Und Ferdinand Porsche baut auch keine Autos mehr.

Anders läuft das in der Küche auch nicht.

Ob man nun in einem Spiegelzelt vagabundenhaft durch die Lande reisen muss, lasse ich dahingestellt. Mir ist es auch lieber wenn der Chef/Besitzer/Koch eines Ladens/Werkstatt/Restaurants aunwesend ist. Da weiß ich dass das Herz am rechten Platz ist.

Wer je in Nizza isst, sollte bei diesem Mann essen. Der hat das einzig Wahre gemacht. Das ganze Sterne Gedöns hinter sich gelassen und ein großartiges Restaurant aufgemacht. Und wenn er nicht da ist, ist der Laden dicht.

http://www.guidegantie.com/fr/restaurants/detail.php?id=282&keyword=&ville=Nice&tri=1

La Merenda
4, Rue raoul basio
Kein Telefon
Keine Reservierung
Küchenchef Dominic Le Stanc (ehemals Hotel Negresco)
fressack - 28. Nov, 00:34

@ il-nonno:
Das geht besser als man denkt. Die Arbeit macht die Brigade und der Sous-Chef trägt - wie fast immer - die Verantwortung.
Bei dem Pensum an öffentlichen Auftritten und Eventspektakeln sind die Herren Sternekollegen eh nur höchst selten in den Etablissements anzutreffen.
Es schmeckt dennoch. Meistens.

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